Sechs Legenden der progressiven Web Apps - und wie wir sie entkräften
Jede halbwegs neue Technologie wird erst einmal skeptisch betrachtet. Das ist nichts Neues und funktioniert seit Jahrhunderten so. Aus diesem Grund haben wir diesen Artikel verfasst: Er räumt mit einigen weitverbreiteten Irrtümern auf, die Progressive Web Apps (PWAs) betreffen. Insgesamt knöpfen wir uns sechs unterschiedliche Legenden vor.
Was war das noch gleich…
Bevor wir uns an die Arbeit machen, klären wir noch einmal kurz, was es mit diesen Apps auf sich hat: Im Prinzip sind PWAs responsiv, verbindungsunabhängig, sie funktionieren wie eine klassische App, sind sicher, installierbar und gleichzeitig vollständige Web-Experiences. Das ist alles etwas kryptisch und abstrakt. Ein weiterer interessanter Lösungsansatz ist:
Progressive Web Apps sind Webseiten, die genau die richtigen Vitamine genommen haben.
In der App Entwicklung läuft es darauf hinaus, dass es sich um Webseiten handelt, die viele Elemente der klassischen Web-Entwicklung nehmen und diese für sich nutzen. Trotz der verlockend klingenden Symbiose fassen viele Entwickler PWAs noch immer nicht an – und zwar aus den folgenden Gründen, die wir dann auch gleich widerlegen werden.
Mythos #1: PWAs sind browserspezifische Zauberei
Schnell werden PWAs mit Chrome in einen Topf geworfen, sodass der Eindruck entsteht, nur Google unterstütze PWAs und damit sind sie browserspezifisch, nicht Plattform-agnostisch und somit eigentlich keine weitere Beachtung wert. Damit haben Progressive Web Apps aber eigentlich nichts zu tun. Vielmehr geht es darum, Web-Standards und die Vorteile klassischer Anwendungen zu vereinen.
Zu verstehen sind PWAs eigentlich recht schnell, was auch zeigt, dass die Anforderungen gering sind: Sofern Sie Ihre Seite über HTTPS ausliefern, steht auch ein Service Worker mit rudimentären Caching-Funktionen bereit. Dann registrieren Sie noch ein Web App Manifest und fügen Infos wie den Namen und mindestens ein Icon hinzu – und sind fertig. Ihre Webseite ist jetzt praktisch schon eine PWA.
Aus dieser Suppe an Zutaten machen Browser, die PWAs unterstützen, dann eine Webseite, die von Nutzern an den Startscreen auf Smartphones angepinnt werden kann. Diese Seiten können gestartet werden – auch in einem neuen Fenster – und sind nutzbar unabhängig davon, ob eine Internetverbindung vorliegt oder nicht. Im Prinzip verhält sich die Webseite dann wie eine App.
Ein weiterer großer Vorteil ist die rasante Performance, die diese Webseiten an den Tag legen. Ein Performancetest, um zu sehen, wie sich eine Webseite im realen Nutzerumfeld schlägt, steht z.B. unter https://www.webpagetest.org/easy zur Verfügung. Aktivieren Sie dort Lighthouse und prüfen Sie so die Performance der Webseite.
Mit anderen Worten: PWAs haben mit browserspezifischen Abhängigkeiten praktisch gar nichts zu tun.
Mythos #2: PWAs sind eigentlich nur ein Buzzword für schon existierende Technologie
Aus dem Eindruck, dass PWAs sich nur diversen Elementen bedienen, die schon existieren, entsteht der Irrglaube, dass sie unnötig sind. Stimmt aber nicht, denn PWAs nehmen all das, was wir bereits erwähnt haben, und setzen dann noch eigene Eigenschaften obendrauf.
Ein Beispiel dafür sind Browser, die erkennen, ob es sich um eine PWA handelt oder nicht. Ist dies der Fall, werden nicht nur klassische Bookmarking-Features angeboten, sondern auch Optionen für das Anpinnen der Webseite an den Homescreen. Das geht nicht nur mit Chrome, sondern inzwischen z.B. auch mit Firefox für Android. Möglicherweise fragt die Webseite auch gleich nach, ob das Anpinnen gewünscht ist – das kann aber jeder Entwickler selbst bestimmen.
Unter Chrome auf Android sind PWAs übrigens schon so weit fortgeschritten, dass sie vom Betriebssystem wirklich als App erkannt werden. Über einen (sehr ressourcenschonenden) Wrapper landen diese Webseiten dann auch in der App-Übersicht des Betriebssystems. Bei Bedarf kann der Nutzer die PWA also wieder vom System kicken.
Auch die Konkurrenz, wie Microsoft, hat das Post-App-Zeitalter erkannt: PWAs sollen noch 2018 Einzug in den Microsoft Store halten. Das sind dann auch vollwertige Apps, die von Microsoft handverlesen getestet und freigegeben werden. Bei Bedarf können Sie sich das im aktuellen Insider Preview von Windows 10 anschauen. Eventuell werden PWAs auch in den Play Store von Google Einzug halten, Konkretes gibt es hier aber noch nicht zu vermelden.
Mythos #3: PWAs bedienen nur Offline-Apps
Viele Entwickler gehen davon aus, dass PWAs eigentlich nur dann sinnvoll sind, wenn die App unbedingt auch offline funktionieren muss. Aber das stimmt nicht: Die Service Worker bedienen nicht nur den Offline-Zugriff, sondern fügen der Webseite auch einen Schuss an Zuverlässigkeit unabhängig von den aktuellen Netzwerkbedingungen hinzu.
Das klingt im eigenen Büro, wo das Internet praktisch vor vielen Jahren das letzte Mal ausgefallen ist, nach keinem big deal. In der Realität, wo Menschen permanent schwankender Verbindungsqualität begegnen, ist es dann aber eben doch eine große Sache. Dazu gibt es ein weiteres Sprichwort:
Behandeln Sie eine schlechte Verbindung nicht als Fehler, sondern begreifen Sie das komplette Netzwerk als Bonus
Mythos #4: PWAs sind eine Sache für mobile Geräte
Mobile first? Stimmt nicht zu 100%: Diese Apps sind nicht nur für Smartphones und Tablets gedacht, sondern auch für den klassischen Desktop. DeX von Samsung, das zuerst mit dem Galaxy S8 vorgestellt wurde, ist eine Hardwarelösung für die Darstellung des Smartphone-Startscreens auf einem Desktop-Monitor. Mit Tastatur und Maus bedienen Sie dann praktisch das Smartphone. Das ist heute bereits ohne Probleme nutzbar. Dort lassen sich PWAs dann auch einfach an den Desktop anpinnen und in eigenen Fenstern öffnen.
Erinnern wir uns auch noch einmal an den vorherigen Absatz: PWAs werden Einzug in Windows 10 halten, das Betriebssystem für Notebooks und Desktop-PCs überhaupt. Damit werden diese Apps noch einmal wesentlich mehr Aufmerksamkeit bekommen. Auf dem letzten Chrome Dev Summit hat Google außerdem bereits Previews gezeigt, die PWAs im Chrome Browser für den Desktop für 2018 zeigen.
Auch in Virtual-Reality-Umgebungen können PWAs Einzug halten. Mit plattformunabhängigen Anwendungen, die z.B. über* WebVR* gebastelt werden, können App Entwickler auch gleichzeitig die Vorteile der Web Apps für sich nutzen – und warum sollte man darauf verzichten, wenn die Einbindung so simpel ist, wie wir sie bisher beschrieben haben?
Mythos #5: PWAs betreffen eigentlich nur Google
Noch sind alle Hürden natürlich nicht genommen: Die unterschiedlichen Entwickler und Hersteller sind sich noch nicht so ganz einig darüber, was PWAs sind und sein werden. Das von uns erwähnte Feature für das Anpinnen von Webseiten an den Startscreen z.B. ist noch kein allgemeiner Web-Standard. Es fehlt auch noch Konsens darüber, wann eine App installierbar ist und was überhaupt erfüllt sein muss, damit die App dieses Label tragen darf. Es gibt also noch einige Herausforderungen, die aber in den nächsten Monaten und darüber hinaus natürlich gelöst werden sollen.
Die wichtigste Tatsache steht jedoch schon fest: Im Kern haben PWAs überhaupt nichts mit Plattform- oder Browserabhängigkeit zu tun. Nach ihrer eigenen Definition sind Web-Standards eben Richtlinien, die für alle Entwickler offenstehen. Einer der wichtigsten Entwickler im Bereich der Service Worker stammt z.B. von Samsung und hat entsprechend gar nichts mit Google zu tun.
Viele PWA-Features finden außerdem schon Support sowohl unter Android als auch in vielen Desktop-Browsern.
Mythos #6: PWAs sind noch gar nicht fertig!
Zu guter Letzt wird bei der App Entwicklung gerne das Argument in den Raum geworfen, dass PWAs noch gar nicht komplett fertig sind. Denn: iOS unterstützt sie noch nicht, und nach weltweitem Marktanteil handelt es sich nun einmal um das zweitgrößte Mobile OS. Einige Nachrichten aus jüngerer Zeit entkräften dieses Argument jedoch – z.B. dass Service Workers bereits für WebKit in der Entwicklung sind.
Außerdem handelt es sich immer um progressive Weiterentwicklungen. Sprich: Entwickler können jetzt bereits im Hinblick auf PWAs arbeiten und diese Features für Android- oder Firefox-Nutzer bieten. Gleichzeitig bekommen Nutzer von Safari dasselbe Erlebnis auf ihrem iOS-Gerät – nur eben ohne die PWA-Features. Verpassen werden diese Personen trotzdem nichts von der eigentlichen Funktion der Webseite.
Das letzte gute Argument, in PWAs lieber zu früh als zu spät einzusteigen, ist einfach die klassische Entwicklung an sich:
Wer zu lange wartet, wird irgendwann von der Konkurrenz überholt
Klar: WebAPK als Wrapper z.B. oder die Verbreitung der Apps in den diversen Stores sind noch in den Kinderschuhen. Nichts ist fertig, alles ist noch ein Rohbau. Um die Weiterentwicklung voranzutreiben, ist es aber immer ratsam, sich gleich an der Speerspitze zu befinden. Geben Sie Browser-Herstellern Feedback, um die Entwicklung voranzutreiben – aber das können Sie nur, wenn Sie bereits eine Progressive Web App benutzen. Schwergewichte wie Twitter, CNET oder Starbucks sind bereits auf den Zug aufgesprungen.
Mit anderen Worten: Je früher Sie den Umstieg machen – der mit keinerlei Nachteilen verbunden ist! – desto größer wird Ihr Vorsprung vor Mitbewerbern sein.
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